Barrierefreiheit: Pflicht für Websites ab 2025?

Viele Unternehmen sind vom Barrierefreiheitsstärkungsgesetz betroffen

Bemühungen um mehr Inklusion und Teilhabe schreiten weiter voran – auch im digitalen Bereich. Für öffentliche Einrichtungen gilt es schon länger: Ihre Websites müssen barrierefrei sein. Jetzt kommt eine Pflicht zur Barrierefreiheit auch für private Unternehmen, denn Mitte 2025 tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz in Kraft. Ob Ihr Unternehmen davon betroffen ist und welche Maßnahmen Sie ergreifen müssen, erfahren Sie hier.

Was ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) setzt eine EU-Richtlinie in nationales Recht um – und zwar den European Accessibility Act. Ziel ist, die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung oder Einschränkung sowie älteren Menschen zu verbessern. Konkret geht es darum, Produkte und Dienstleistungen allen Menschen zugänglich zu machen und die Teilnahme am Wirtschaftsleben ohne fremde Hilfe zu ermöglichen. Im Fokus steht dabei die digitale Barrierefreiheit.

Während öffentliche Stellen ihre digitalen Angebote schon seit 2005, spätestens aber seit 2020 barrierefrei zur Verfügung stellen müssen, sind mit der neuen Regelung erstmals auch privatwirtschaftliche Unternehmen verpflichtet, ihre Websites, Online-Shops und Apps barrierefrei zu gestalten.

Barrierefreiheitsstärkungsgesetz: Wer ist betroffen?

Wir beleuchten genauer, welche Unternehmen unter die neue gesetzliche Regelung zur Barrierefreiheit fallen. Es handelt sich nicht um eine allumfassende Pflicht zur Barrierefreiheit von Websites, sondern die betroffenen Dienstleistungen und Produkte sind im Gesetz definiert. Hier gilt es, genau hinzusehen.

Im Einzelfall sollte jedoch immer ein Rechtsanwalt prüfen, ob das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz Anwendung findet. Wir haben die Informationen in diesem Artikel nach bestem Wissen zusammengestellt, wir sind aber natürlich keine Rechtsanwälte und unser Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar.

Barrierefreie Produkte und Dienstleistungen im digitalen Bereich

Betroffene Produkte sind vor allem:

  • Computer, Tablets, Mobiltelefone
  • E-Book-Lesegeräte
  • Fernseher mit Interzugang
  • Selbstbedienungsterminals, z.B. Geldautomaten, Check-in-Automaten

Betroffene Dienstleistungen sind unter anderem:

  • Bankdienstleistungen für Verbraucher
  • E-Books und E-Book-Software
  • Dienste der Personenbeförderung
  • Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr mit Verbrauchern

Der letzte Punkt ist besonders relevant: Durch die Ausweitung auf Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr werden sehr viele Unternehmen neu in die Pflicht genommen. Denn damit sind alle Online-Shops und z.B. auch Websites mit Terminbuchungssystem von der Regelung betroffen, sofern sie sich an Verbraucher richten.

Eine Ausnahme gibt es nur für Kleinstunternehmen, die Dienstleistungen anbieten. Kleinstunternehmen sind Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten und max. 2 Millionen Euro Jahresumsatz. Das könnte z.B. ein Frisörsalon sein, der eine Online-Terminbuchung anbietet.

Kleinstunternehmen dagegen, die im Gesetz definierte Produkte wie Smartphones oder E-Book-Reader herstellen, sind nicht ausgenommen und müssen ihre Produkte barrierefrei auf den Markt bringen.

Barrierefreiheitsstärkungsgesetz und B2B?

Und wie verhält sich das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz zum B2B-Bereich? Reine B2B-Angebote sollten nach jetzigem Stand nicht von der Pflicht betroffen sein – es muss allerdings eindeutig erkennbar sein, dass sich das Angebot nicht an Verbraucher richtet.

Bedenken Sie aber: Für die freiwillige Umsetzung der Anforderungen sprechen mehrere Argumente. 

  • Durch die barrierefreie Gestaltung Ihrer Website oder Ihres Online-Shops setzen Sie ein ganz klares Zeichen für soziale Nachhaltigkeit. Sie machen Ihre Angebote so vielen Personengruppen wie möglich zugänglich und schließen niemanden aus.
  • Sie handeln entsprechend einer EU-weiten Richtlinie und halten sich an Standards, von denen zu erwarten ist, dass sie in Zukunft immer wichtiger werden. Es ist möglich, dass die Regelung auf weitere Produkte und Dienstleistungen ausgeweitet wird.
  • Nutzer:innen gewöhnen sich an Standards, denen sie immer häufiger begegnen, und erwarten im Zuge dessen eine entsprechende Nutzererfahrung.
  • Optimierte Seitenstruktur, valider Code und Bilder mit Alternativtexten: All dies sind auch Rankingfaktoren für die Listung bei Google. Barrierefreiheit wirkt sich also positiv auf SEO aus.

Selbst wenn das eigene Unternehmen also zunächst nicht unter die neue Regelung zur Barrierefreiheit fällt – empfehlenswert ist eine barrierefreie Gestaltung der eigenen Webangebote allemal.
 

Wann tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz in Kraft?

Stichtag ist der 28. Juni 2025 - dann tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz in Kraft. Von diesem Tag an müssen alle betroffenen Produkte und Dienstleistungen barrierefrei auf den Markt gebracht werden. Alle Unternehmen sollten frühzeitig prüfen, ob sie betroffen sind, und ihre Website, App und Online-Shop einem ersten Test auf Barrierefreiheit unterziehen. Nach der ersten Prüfung sollten zügig notwendige Maßnahmen zusammengestellt und umgesetzt werden, um das Webangebot barrierefrei zu gestalten.

Barrierefreie Website 2025: Was ist zu tun?

Eine Website oder einen Online-Shop barrierefrei zu gestalten, umfasst eine ganze Reihe von Aspekten. Was sagt das neue Gesetz dazu?

Laut BFSG sind Produkte oder Dienstleistungen dann “barrierefrei, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind” (§ 3 Abs. 1 BFSG). Das Gesetz konkretisiert in Bezug auf Websites nicht, was zu tun ist, um Barrierefreiheit herzustellen, oder welche Kriterien im Einzelnen angelegt werden. Es verweist stattdessen auf europäische Normen. Zentral ist hier die europäische Norm EN 301 549; diese ist für Websites öffentlicher Einrichtungen des Bundes schon jetzt maßgeblich. Die Norm setzt die AA-Standards der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) als europäischen Standard, und die WCAG dienen ebenfalls als Basis für den European Accessibility Act. Vier Grundprinzipien sind die Säulen der WCAG, und diese werden bei der Überprüfung der Barrierefreiheit als wesentlich gesehen: Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit.

Was bedeutet das aber nun konkret? Was muss man tun, um eine Website barrierefrei zu gestalten?

Das Spektrum reicht von technischen Voraussetzungen über die Auswahl von Farbwerten bis hin zur Aufbereitung von Bildern und Videos. Einige Beispiele veranschaulichen, worum es im Falle von Websites konkret geht:

Wahrnehmbarkeit

  • Farbwerte überprüfen und ausreichende Kontraste sicherstellen
  • Alternativen für Audio- und Videoinhalte anbieten: Videos mit Untertiteln und Audios mit Audiodeskription ausstatten
  • Bilder mit korrekten Alternativtexten versehen

Bedienbarkeit

  • alle Funktionen und Bedienelemente für die reine Bedienung über die Tastatur zugänglich machen
  • Möglichkeit anbieten, Videos zu unterbrechen oder Bewegungen abzuschalten

Verständlichkeit

  • Konstanz und Vorhersehbarkeit in der Bedienung der Website sicherstellen (z.B. Navigation nachvollziehbar strukturieren und immer an der selben Stelle präsentieren)
  • Möglichkeit bieten, Fehler zu korrigieren, und Hilfen dazu anbieten (z.B. durch Fehlermeldungen und kontextsensitive Hilfe)
  • Inhalte gut verständlich präsentieren

Robustheit

  • die Validität des Quellcodes sicherstellen
  • die Website für einen Screenreader voll zugänglich machen; das darf allerdings nicht als alleiniger Test angelegt werden, da Personengruppen, die keinen Screenreader nutzen, sonst ausgeschlossen würden (siehe Artikel von BIT inklusiv zur Screenreadertauglichkeit)

Mehr Details und Hintergründe erfahren Sie in unserem Beitrag über inklusives Webdesign.

Fest steht: Das Thema digitale Barrierefreiheit muss umfassend und systematisch angegangen werden, um sich nicht in Details zu verlieren und dabei wichtige Bereiche zu vergessen. Verschiedene Prüf-Tools und Selbsttests, z.B. die BITV-Selbstbewertung, helfen dabei, die Anforderungen umzusetzen und Kriterien abzutesten.

Ein Punkt, der nicht unter den Tisch fallen sollte: Auch eine Erklärung zur Barrierefreiheit müssen betroffene Unternehmen mit Inkrafttreten des Gesetzes 2025 bereitstellen. Diese ist im Grunde wie die Datenschutzerklärung zu sehen und kann im Footer der Website eingebunden werden. Selbstverständlich muss auch die Erklärung selbst barrierefrei sein.

Welche Strafen drohen im Zuge des Barrierefreiheits­stärkungsgesetzes?

Was passiert, wenn man den Anforderung des BFSG nicht entspricht? Und wer kontrolliert die Barrierefreiheit von Websites und Online-Shops?

Wenn ein Unternehmen ein Webangebot führt, das die Erfordernisse der Barrierefreiheit nicht erfüllt, drohen Strafen. Dass die Regelungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes eingehalten werden, kontrollieren die Marktüberwachungsbehörden. Diese können stichprobenartig selbst tätig werden und einzelne Webangebote auf ihre Konformität prüfen. Vor allem können sich aber auch Verbraucher:innen und anerkannte Verbände an die zuständige Behörde wenden und Verstöße melden. Die Marktüberwachungsbehörden sind verpflichtet, diesen Meldungen nachzugehen, und können betroffene Unternehmen zunächst zur Herstellung von Barrierefreiheit auffordern. Falls das Webangebot nach wiederholten Aufforderungen immer noch nicht barrierefrei ist, können die Behörden die Website oder den Online-Shop gänzlich einstellen.

Sogar Bußgelder können verhängt werden: In den Leitlinien der Bundesfachstelle Barrierefreiheit ist von Bußgeldern von bis zu 100.000 Euro die Rede. Hinzu kommt: Es ist davon auszugehen, dass auch Mitbewerber im Rahmen der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung gegen Verstöße vorgehen können.

Pflicht zur Barrierefreiheit für Webseiten: Unser Fazit

Das Thema digitale Barrierefreiheit wird derzeit intensiv gestärkt und in den kommenden Jahren noch weiter ausgebaut werden. Ab dem 28. Juni 2025 müssen mit Inkrafttreten des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes viele B2C-Webangebote barrierefrei sein. Reagieren Sie auf die aktuellen Entwicklungen und unterziehen Sie Ihre Website oder Online-Shop zeitnah einem ersten Test auf Barrierefreiheit – so können Sie notwendige Optimierungen noch rechtzeitig in die Wege leiten.

Auch wenn Ihr Unternehmen nicht unmittelbar unter die neuen Regelungen fällt: Seien Sie sich der Vorteile einer barrierefreien Website bewusst und halten Sie mit den aktuellen Entwicklungen Schritt. Mit einer barrierefreien Gestaltung Ihrer Webangebote setzen Sie an erster Stelle ein Zeichen für Inklusion und sorgen dafür, dass Sie mehr Personengruppen erreichen. Barrierefreiheit wirkt sich aber auch positiv auf die Suchmaschinenoptimierung aus und sorgt für eine verbesserte Nutzererfahrung. So sind Sie mit einer barrierefreien Website in jedem Falle gut für die Zukunft gerüstet.

Ihr Schritt zur barrierefreien Website

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Aktion – Barrierefreiheitsstärkungsgesetz
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